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08.Feb.2001 Saddam + der Hühnerdieb - Vom Wert des Beweises vor Gericht + UN Sicherheitsrat

Kaum ein Artikel

über die Sitzung des Weltsicherheitsrats

kommt aus ohne Rückgriff

auf die vertrauten Begriffe des Strafverfahrens:

US-Außenminister Powell, so heißt es beispielsweise,

habe „die Rolle des erfahrenen Staatsanwalts“ gespielt,

und der Angeklagte, der Irak nämlich,

habe „das letzte Wort“ gehabt.

Und alle Welt beschäftigt sich mit dem Beweiswert

der von Powell vorgelegten

Beweismittel,

bei denen es sich freilich nur um

Indizien,

Vermutungen und Befürchtungen

gehandelt hat.

Man

dreht und wendet sie,

man fädelt sie auf zu einer Indizienkette +

man

fragt:

Reicht das aus für die Höchststrafe?

Diese

Höchststrafe lautet: Krieg gegen den Irak,

Krieg gegen Männer, Frauen, Kinder,

Krieg gegen die Untertanen

des Diktators - auch wenn zumeist beschönigend

vom Krieg gegen Saddam Hussein

gesprochen wird.

Würde Powell seine >

Fotos und Zeichnungen

in einem Gerichtsverfahren vorlegen - kein Gericht der Welt,

kein rechtsstaatliches jedenfalls,

würde einen Angeklagten auf der Basis dieses Beweismaterials verurteilen.

Auf der Basis solchen Materials würde vielleicht ein Hauptverfahren eröffnet,

aber gewiss keine Verurteilung gestützt.

Die

Anforderungen an die Verurteilung eines Hühnerdiebes

sind also wesentlich höher als die,

die offensichtlich

zur Begründung und Rechtfertigung eines Krieges

genügen sollen.

Jedem

Dieb,

jedem

Betrüger,

jedem Totschläger

muss

überzeugend

nachgewiesen werden,

dass er ein Dieb, ein Betrüger oder Totschläger

ist.

Jede Strafe,

und sei es die kleinste Geldstrafe,

kann nur verhängt werden,

wenn die Schuld des Täters bewiesen ist -

und zwar mit den zugelassenen Beweismitteln,

nach klaren Rechtsregeln in einem vorgeschriebenen Verfahren.

So ist es Recht,

und so wird

es in einer rechtsstaatlichen Rechtsgemeinschaft

praktiziert.

Die Weltgemeinschaft ist,

wie sich am Beispiel Irak zeigt,

keine Weltrechtsgemeinschaft,

sie ist allenfalls auf dem Weg dorthin

und wird durch einen Irak-Krieg

auf diesem Weg

weit zurückgeworfen -

weil mit den Bomben,

die auf den Irak geworfen werden,

auch die wenigen Grundsätze zerstört werden,

die wir bislang entwickelt haben.

Zu diesen Regeln gehört das allgemeine Gewaltverbot,

und zu diesen Regeln gehört auch,

dass diejenigen,

die sich auf Ausnahmen von diesem Gewaltverbot berufen,

die Voraussetzungen für das Vorliegen dieser Ausnahme zu beweisen haben.

Die USA versuchen diese Grundregel zu umgehen:

Aus der UN-Resolution 1441

wollen sie eine Beweislastumkehr herauslesen:

Der Irak habe seine Unschuld zu beweisen - bei Strafe des Bombardements.

Schon dieser ungeheuerlichen Folgen wegen

ist eine solche Umkehr der Beweislast nicht statthaft.

Natürlich:

Weltpolitik funktioniert nicht wie ein Verfahren am Landgericht.

Der Weltsicherheitsrat ist keine große Strafkammer.

Und es gibt im Völkerrecht,

anders als in einem Kriminalverfahren,

auch keine allgemein anerkannten Beweisregeln.

Aber es gibt einen gewaltigen Widerspruch,

der die Menschen in Westeuropa umtreibt:

Vor einem Strafgericht

geht es um die Legitimation des Staates,

in das Freiheitsrecht

eines einzelnen Bürgers

einzugreifen;

dabei kommen Grundsätze,

auch Beweisgrundsätze, zur Anwendung,

die jeder kennt

und die

zum Kern der westlichen Wertvorstellungen

gehören.

Vor dem Weltsicherheitsrat

geht es

um

noch viel mehr,

um qualitativ und quantitativ

weitreichendere Eingriffe:

Es geht

um die Legitimation der Staatengemeinschaft,

nicht nur

in das Freiheitsrecht von Einzelnen,

sondern

in das Lebensrecht von Zehntausenden von Menschen

einzugreifen -

und zwar in das Lebensrecht von Menschen,

die ganz überwiegend

nicht Täter, sondern Unschuldige sind.

Der gegen den Irak geplante Krieg

wird von den USA mit Argumenten gerechtfertigt,

die eine Mischung aus

Vergeltung, Sühne, Repression und Prävention

darstellen.

Dieser Krieg wird präsentiert

als eine Verbindung

von Kriminalstrafe und Polizeiaktion

gegen den Diktator Saddam Hussein.

Gerade diese Begründung aber ist es,

die bei der Vorlage von Beweismitteln durch Powell dazu veranlasst,

diese Beweismittel so zu bewerten,

wie ansonsten im Kriminalrecht auch angebliche Beweise bewertet werden.

Das ist nicht unbillig, sondern geboten,

auch wenn Powell vor dem Weltsicherheitsrat

weder als Staatsanwalt,

noch als Richter,

Zeuge oder

Sachverständiger

aufgetreten ist.

Er hat vielmehr versucht, als Politiker

alle diese Rollen zu spielen.

Aber dies zeigt nur,

worum es sich bei dem Auftritt vor dem Sicherheitsrat wirklich gehandelt hat:

Um einen

PROPAGANDA [PR] (Werbefeldzug )zur

Vorbereitung eines Feldzuges

.

Die USA

werben um Vertrauen.

Dieses Vertrauen hat aber seinen Preis:

Und die Vorlage klarer und vollständiger Beweise ist der niedrigste Preis,

den man sich vorstellen kann.

Und dieser Preis entlastet mitnichten von den Skrupeln,

die sich angesichts eines Straf- und Präventivkrieges gegen den Irak einstellen:

Es gibt nämlich keinen Strafzweck,

der es rechtfertigen würde,

eine Strafe,

des allgemeinen Nutzens wegen,

an Nicht-Tätern,

also an der Bevölkerung des Irak,

zu vollstrecken.

Den klinisch sauberen Krieg,

der so gern propagiert wird,

gibt es nicht: militärisch nicht,

rechtsethisch auch nicht.

***

SOURCE : HERIBERT PRANTL


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